Wahrscheinlich wiederhole ich Gedanken, die ich schon unter dem Begriff Gegenwart geschrieben habe. Aber im Hier und Jetzt zu leben ist ein wesentlicher Punkt aller Selbsterkenntnis- und Meditationslehren. Und ich übe mich täglich darin, immer wieder aufs Neue.
Wie viel Wert mein jahrzehntelanges Bemühen hat, habe ich erkannt, als meine Schwester an Krebs erkrankte. Inoperabler Tumor mit Lebermetastase lautete die Diagnose. Ich war geschockt, habe
geweint und mich dann erinnert – wir haben noch die Gegenwart, das Jetzt, das Heute und noch lebt sie. Wie wertvoll ist diese Gegenwart, viel zu schade, um sie mit Tränen und düsteren
Zukunftsgedanken zu vergeuden. Die Tränen werden ihre Zeit haben, später, in der Zukunft. Jetzt heißt die Parole: Leben und mit so viel Freuden wie möglich. Und das haben wir gemacht. Die
Familie ist noch ein Stück näher zusammen gerückt, hat noch mehr Kontakt gehalten, hat sich gestützt und sich über jedes Zusammensein gefreut.
Meine Schwester hat ihre „Dinge“ geregelt, hat in jedem Tag die Aufgabe gesehen ihn zu überleben und hat keine Energie in den Tod verschwendet, in die Angst, in die Ablehnung des Unausweichlichen. Sie hat ihr Leben Revue passieren lassen, es war gut. Und wenn es jetzt eben zu Ende ist, dann ist das so. Sie hat die Wirklichkeit angenommen wie sie ist, und nicht wie sie sein könnte, weder schöner noch schrecklicher.
Und sie hat es geschafft! Sie lebt! Und lebt gut, weit über alle prognostizierte Zeit hinaus!
In einem Lied oder Gedicht, ich glaube es ist von Siegfried Fietz (wer es genau weiß soll mir schreiben) heißt es: Der Mangel an Freude ist ein Verlust an Kraft.
Wir können uns zwar an das Glück vergangener Tage erinnern oder uns vorstellen, wie glücklich wir in Zukunft sein werden - wirklich glücklich sein können wir aber immer nur in dem jeweiligen
Augenblick – JETZT!
Oft machen wir uns Sorgen und Gedanken über Dinge, die noch gar nicht eingetreten sind. Natürlich sollte man sich Gedanken machen, Neues gut planen, sich gegen voraussehbaren Ärger wappnen, aber
wir müssen uns fragen, wie realistisch unsere Gedanken sind. Oft verlieren wir uns in Spekulationen.
Manchmal ärgern wir uns über Vergangenes. Aber es ist vergangen und nicht mehr zu ändern. Daraus lernen ist gut, aber Energie in die ewig ärgerliche Erinnerung zu vergeuden ist dumm.
Wenn wir eine Reise machen ist der Weg oft wunderbar, mit unseren Gedanken aber schon am Ziel, versäumen wir die Schönheit des Weges. Eine Zengeschichte:
Ein Meister wurde gefragt, wieso er so zufrieden und gelassen lebe. Er antwortete: „Wenn ich esse, esse ich. Wenn ich sitze, sitze ich. Wenn ich stehe, stehe ich.“ Da sagten die Leute: „Aber das
tun wir auch.“ „Nein“, sagte der Meister, „wenn ihr esst, dann seid ihr in Gedanken schon fertig und wenn ihr sitzt, denkt ihr ans Aufstehen und wenn ihr geht, seid ihr in Gedanken schon am
Ziel.“
CARPE DIEM – Nutze den Tag!